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Fotografieren im manuellen Modus mit einer neuen Kamera

Wahrscheinlich haben viele aufstrebende Fotografen zu Weihnachten eine neue Kamera geschenkt bekommen. Mittlerweile stellt sich aber vielleicht ein gewisser Frust darüber ein, dass die teure neue Spiegelreflexkamera nicht die erhofften Fotos macht.

Der Grund liegt meist auf der Hand – wenn Sie die Kamera nur im Auto-Modus benutzen und sich nicht mit wenigstens ein paar ihrer Funktionen vertraut machen, gelingen Ihnen damit ebenso wenig tolle Bilder wie mit irgendeiner anderen Kamera.

Die Fotografinnen Lacey Meyers, Rachel Nielsen und Marissa Gifford unterrichtenDas Meistern des manuellen Fokus an der Click Photo School.

Hier verraten sie ihre besten Tipps für den Einstieg mit Ihrer Kamera. So werden Sie den manuellen Modus schneller und einfacher meistern.

Lacey Meyers:




  • Üben Sie sich in der Belichtungsmessung: Beim Fotografieren im manuellen Modus hilft ein weiches, gleichmäßiges Licht sehr, zum Beispiel Licht, das durch ein Fenster einfällt, aber nicht direkt auf das Motiv scheint. So können Sie grelle Glanzlichter und dunklere Schatten vermeiden, die eine konsistente Belichtungsmessung ein wenig erschweren können. Aus diesem Grund empfehle ich Ihnen auch, die Belichtungsmessung nicht an Kindern zu üben, sondern lieber an kooperativen Erwachsenen oder an unbeweglichen Motiven, wie Spielzeug, Töpferwaren oder einfarbigen Kissen. Mit einem unbeweglichen Motiv können Sie sich wirklich Zeit lassen, um Ihre Belichtungsmessung und anderen Einstellungen zu überdenken und Ihre Ergebnisse gründlich zu analysieren. Wenn nötig, können Sie es dann einfach noch mal versuchen, Ihr Motiv kann ja nicht weglaufen!




  • Vereinfachen Sie den Weißabgleich und die Belichtung: Machen Sie sich den Weißabgleich und die Belichtung leicht und verwenden Sie eine Graukarte. Ich greife gern auf Hilfsmittel zurück, um meinen Aufnahmeprozess zu vereinfachen und zu verbessern! Eine Graukarte gehört ganz klar zu den Hilfsmitteln meiner Wahl, denn mit ihrer Hilfe müssen Sie nicht mehr spekulieren, ob Sie nun den richtigen Weißabgleich und die richtige Belichtung für die jeweilige Szene gewählt haben. Legen Sie die Graukarte an den gewünschten Aufnahmeort, und stellen Sie die Verschlusszeit ein, bis die Anzeige Null erscheint. Machen Sie dann eine Testaufnahme der Karte und setzen Sie diese für den Weißabgleich ein. So haben Sie in nur einem Schritt die Belichtung und den Weißabgleich eingestellt! Achten Sie aber darauf, dass Ihre Karte im selben Licht liegt wie Ihr Motiv und dass Sie keinen Schatten werfen, wenn Sie Ihre Aufnahmen zur Bestimmung der Werte machen.









Marissa Gifford:


  • Tipps zur Bestimmung der Verschlusszeit: Die Verschlusszeit kann manchmal für ziemliche Verwirrung sorgen. Schauen wir sie uns also einmal genauer an. Ihre Wahl der Verschlusszeit hängt vor allen Dingen davon ab, welches Ziel Sie für Ihr Foto verfolgen. Möchten Sie die Bewegung Ihres Motivs einfrieren oder wollen Sie die Bewegung durch Bewegungsunschärfe abbilden? Ihr Bild sollte entweder gestochen scharf sein oder so unscharf, dass die Unschärfe als eindeutige kreative Entscheidung Ihrerseits erkennbar wird. Alles andere könnte wie ein Versehen wirken. Besteht Ihr Ziel darin, die Bewegung einzufrieren (wohl in 99 % der Fälle), sollten Sie eine hohe Verschlusszeit wählen. Bei normalen, langsamen Bewegungen versuche ich, nicht unter 1/250stel Sekunde zu fotografieren. Bei kleinen Kindern sollte die Verschlusszeit sogar noch ein wenig höher liegen, denn sie bewegen sich schnell und unvorhersehbar. Wenn Sie schnellere Bewegungen fotografieren wollen, empfehle ich Ihnen, höher zu starten – sagen wir etwa 1/1600, je nachdem, wie nah Sie am Geschehen dran sind. Je näher Sie der Bewegung sind, desto höher muss Ihre Verschlusszeit sein, um die Bewegung einzufrieren. Bei der Bewegungsunschärfe spielt die Entfernung die gleiche Rolle – aus der Nähe ist sie verstärkt, deshalb brauchen Sie vielleicht keine *ganz* so langsame Verschlusszeit, um die absichtliche Unschärfe zu erzeugen. Ich fange gern bei 1/140stel einer Sekunde an und passe die Einstellung dann entsprechend an. Der Trick besteht darin, ein gutes Gleichgewicht aus der Unschärfe mit der Schärfe des übrigen Bildausschnitts zu erzielen, damit der Effekt wirkt, als wäre er bewusst eingesetzt worden. Beim Fotografieren mit langsameren Belichtungszeiten ist ein Stativ sehr nützlich, so können Sie ein Verwackeln der Kamera vermeiden.




  • Einsatzder passenden Tiefenschärfe: Mit weit geöffneter Blende zu fotografieren ist beliebt, weil so eine wunderschöne Tiefenunschärfe entsteht. Jedoch ist eine weit geöffnete Blende nicht immer die beste Wahl. Ebenso wie bei der Verschlusszeit wirkt sich die Entfernung auch auf die Tiefenschärfe aus. Je näher Sie Ihrem Motiv sind, desto seichter wird die Tiefenschärfe. Wenn Sie also ein zappelndes Kleinkind aus der Nähe (oder mit langer Brennweite) bei f/1.4 fotografieren, strampelt es sich vermutlich schnurstracks aus dem Fokus. Wenn Sie sich Ihrem Motiv nähern, hilft es, Ihre Blende ein Stück zu schließen, damit alles scharf abgebildet wird, das Sie im Fokus haben wollen. Die gewünschte Tiefenunschärfe verlieren Sie dabei natürlich nicht. Wenn Sie es diesen Aspekt Ihres Fotos verstärken wollen, bringen Sie ein wenig Abstand zwischen Ihr Motiv und den Hintergrund. Umgekehrt wird die Tiefenschärfe automatisch tiefer, wenn Sie sich entfernen (oder ein Weitwinkelobjektiv benutzen). Das zappelnde Kleinkind lässt sich also viel leichter bei f/1.4 ablichten, wenn Sie weiter entfernt sind, statt ganz nah dran, weil die Tiefenschärfe dann versöhnlicher ist.






Rachel Nielsen:



  • Belichten Sie richtig: Ein häufiger Fehler besteht darin, im kamarainternen Belichtungsmesser alles auf 0 zu setzen. Jede Farbe hat einen anderen repräsentativen Wert auf dem Belichtungsmesser. Vergessen Sie dabei nicht, dass der Messwert für jede Farbe gleich bleibt, egal, bei welchem Licht Sie fotografieren. Das Licht spielt auch bei der Belichtungsmessung eine große Rolle. Achten Sie bei der Belichtungsmessung darauf, vom gleichen Licht aus zu messen, in dem sich Ihr Motiv befindet. Sollte die Beleuchtung an einer Seite Ihres Motivs dunkler sein, auf der anderen hingegen heller, achten Sie unbedingt darauf, für die Messung einen Punkt auszuwählen, an dem das Licht direkt auf das Motiv trifft. So vermeiden Sie überbelichtete Stellen. Neben dem Belichtungsmesser ist das Histogramm das beste Werkzeug, das Ihre Kamera zu bieten hat. Behalten Sie beim Fotografieren immer Ihr Histogramm im Blick, denn es gibt Ihnen umgehendes Feedback zu Ihrer Belichtung. Es ist wirklich sehr praktisch, um zu sehen, wie Ihre Belichtung eingestellt ist und sie ggf. anzupassen. Ich stelle meine Kamera gern so ein, dass ich das Histogramm auf der Bildwiedergabe sehen kann. Das hilft, sich mit dem Histogramm und seinen Funktionen vertrauter zu machen. In der Regel sollte sich das Histogramm komplett bis zur rechten Seite erstrecken, ohne dabei die rechte Wand zu berühren. Wenn Sie keine weißen oder sehr hellen Farben auf Ihrem Foto haben, erstreckt sich das Histogramm nicht komplett, aber die Spitzen sollten soweit wie möglich zur rechten Seite Ihres Histogramms verlaufen.




  • Stimmigkeit und künstlerische Freiheit: Wenn Sie im manuellen Modus fotografieren, werden Ihre Fotos stimmig und Sie haben die völlige Kontrolle über Ihre künstlerische Vision. Im automatischen Modus lassen Sie hingegen die Kamera Entscheidungen für Sie treffen. Mit dem manuellen Modus können Sie das Ergebnis Ihrer Fotos bestmöglich steuern. Ihr ISO-Wert, Ihre Verschlusszeit und Ihre Blendenöffnung ändern sich nur, wenn Sie sie ändern. Üben Sie, Ihren Weißabgleich, Ihre Farben und die Beleuchtung von Bild zu Bild stimmig zu halten, auch wenn die Lichtverhältnisse sich ändern. Hoffen Sie nicht auf einen Glückstreffer, sondern gehen Sie es langsam an und lassen Sie sich Zeit zum Nachdenken, warum Sie bestimmte Einstellungen verwenden. Dann gelingen Ihnen immer tolle Bilder! Wenn Sie verstehen, was Ihre Kamera kann, wie Sie in der Kamera die Belichtung messen, richtig belichten und die richtigen Farben erhalten, spielen Sie schon bald in einer ganz anderen Fotoliga. Eines der schönsten Dinge, wenn Sie dies alles verstehen: Es gibt Ihnen völlige kreative Freiheit. Wenn Ihnen eine Bildidee vorschwebt, können Sie Ihr Wissen und Ihre Erfahrung anwenden, um Ihr Wunschfoto umzusetzen, indem Sie sich gezielt für bestimmte Einstellungen im Belichtungsdreieck entscheiden. So erwachen Ihre Visionen zum Leben.




Jamie Davis SmithAndere Artikel des Autors

Jamie Davis Smith ist Fotografin und Schriftstellerin. Sie lebt in Washington zusammen mit ihren vier Kindern. "Mein Ziel ist es, zeitlose, fesselnde Bilder zu schaffen, die ein Leben lang halten."

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