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Portrait – Nomaden in Rajasthan

Eine Reise durch Rajasthan ist wie das Öffnen einer Schatzkiste. Man weiß nie, was man darin finden wird, aber mit Sicherheit wird es etwas Großartiges sein.

Jenseits der populärsten Orte ist das „Land der Rajas“ unendlich und etwas unüberschaubar. Einige Dörfer am Rand eines Sees stechen besonders hervor. Diese Dörfer werden von einer Festung geschützt, die Relikt einer Zeit ist (Mogul-Ära), die von Spannungen und Überfällen geprägt ist.

Die Thar-Wüste stellt eine gewaltige sandige Erweiterung zum Nordwesten von Rajasthan dar und beheimatet zahllose, nomadische Stämme, die von einem Ort zum anderen reisen.

Einige davon haben feste Häuser in kleineren Dörfern, andere wiederum tragen ihre Häuser auf dem Rücken und leben als Nomaden.

Meine Reise nach Rajasthan hatte verschiedene Gründe: einen Bericht zu erstellen, einen fotografischen Reiseführer anzulegen und einen Dokumentarfilm aufzunehmen. Abgesehen von meiner ursprünglichen Intention, dieses wunderbare Land zu bereisen, war stets der Weg das Ziel, die Leute, denen wir begegnet sind, und das Festhalten der Erfahrungen in jeder Situation.

Ich reiste in die ländliche Gegend südlich von Jaisalmer, der Hauptstadt der Thar-Wüste, die wegen ihrer goldenen Farben des Sandsteins ihrer Häuser und Festungen als „Goldene Stadt“ bekannt ist. Dort begegnete ich einem Hirten des Beldar Stamms, der gerade mit seiner Herde Schafe und Ziegen umherzog. Die Beldar sind Nomaden, die ursprünglich aus Rajasthan stammen, sich aber im Laufe der Zeit auch auf andere Orte des Landes ausgebreitet haben. Sie sprechen ihre eigene Sprache und haben sich traditionell dem Bergbau und dem Maurerhandwerk gewidmet, obwohl sich einige von ihnen auch auf das Hüten von Schafen und Ziegen fokussiert haben.

Shepard with his flock in the Thar Desert

Hirte mit seiner Herde in der Thar-Wüste

Die Monsun Saison ist besonders wichtig für die Thar-Wüste – ein trockenes Gebiet, das durch lange Perioden der Dürre geprägt ist. Das Regenwasser bewässert die Felder und auf den Flächen, auf denen die meiste Zeit des Jahres nichts wächst, sprießen Weiden und wächst Nahrung für das Vieh. Aus diesem Grund ziehen die Hirten zu genau dieser besonderen Zeit verstärkt umher. Zum Teil legen sie mit ihren Herden unermüdlich dutzende Meilen pro Tag zurück.

Manganiyar musician in Jaisalmer

Manganyiar Musiker in Jaisalmer

Die Manganiyar sind eine Truppe von Musikern aus der Region Jaisalmer und Barmer. In alten Zeiten spielten sie für die Rajas und Maharajas, Fürsten und Könige der Region. Und auch noch heute spielen sie unter dem Schutz des Patrons, dem Jasman, ein König oder Prinz, dem sie mit ihren Liedern Huldigung darbringen. Das Schicksal der Manganiyar variiert von Musiker zu Musiker. Manche werden Straßenmusiker, andere spielen bei indischen Feiern, während wieder andere Verträge für Touristenhotels für die Hochsaison bekommen. Eines haben jedoch alle gemein: Sie huldigen ihren Jasman, wann immer er sie braucht.

Die glücklichsten Darsteller sind die Tansen, welche eine gottgegebene Gabe besitzen, mit der sie sich von anderen Künstlern abgrenzen: sie können eine übernatürliche Dominanz von Tönen und Melodien erzeugen. Ihr Talent verhalf bereits manchen, in Indien, Asien und in der ganzen Welt auf Musiktournee zu gehen.

Kalbeliya girl in Pushkar

Die Kalbeliya sind ein weiterer nomadischer Stamm, der von ihrer Musik und ihrem Tanz lebt. Während die Manganiyar-Frauen nicht öffentlich singen oder tanzen, begleiten die Kalbeliya-Frauen die Manganiyar Musiker mit sehr bunten und auffälligen Kleidern. Im Bewusstsein der Bedeutung von Bildung, werden in vielen Gemeinden spezielle Schulen eingerichtet, in denen Jungen und Mädchen die Unterschiede der einzelnen Stämme lernen können.

Frauen in diesem Teil von Indien verschleiern Ihr Gesicht mit der Dupatta oder Odhni. Es ist ziemlich erstaunlich, wie sie es schaffen, durch dieses dünne Kleidungsstück zu sehen.

Woman at nigh in the hamlet Dhoba

Unter dem Schutz der Nacht konnte ich diese Einwohnerin von Dhoba fotografieren.

Ich montierte meine Kamera auf das Manfrotto Befree Live Stativ und stellte eine 8 Sekunden lange Belichtung ein, um ihr ein sanftes Licht zu geben. Sie war sich darüber bewusst, fotografiert zu werden und so stellte sie sich einen Augenblick in die Tür ihrer Ziegelhütte.

The artist Muz Khan getting dressed to a performance

Vor kurzem bekam ich die Chance Muz Khan zu treffen, einen manganiyarischen Künstler, der anders als seine anderen „Kollegen“ tanzt und sich wie eine kalbeliyarische Frau bekleidet. Er passt seine Auftritte an die jeweilige Saison in den verschiedenen Orten an, in denen er tanzt, und unterstützt mit seinem Tanzen seine Familie. In seinem Fall entschied ich mich für ein Portrait in Dreiviertelansicht, um seine Kleider zu zeigen und den Moment zu erfassen, wie er sich als Frau anzieht. Seine Figur wird durch die Hintergrundbeleuchtung, die aus dem Fenster herausscheint, definiert.

Seena in Jaisalmer

Ich fotografierte die kleine Seena mit einem mehlgefärbten Gesicht. Das Mehl wird für Chapati benutzt, einem Brot welches zu jedem Gericht mitgegessen wird.

Hier habe ich beschlossen, die Blende meines Canon 24-70 USM II Objektives bis zum Maximum (2.8) zu öffnen, um den Hintergrund unscharf zu erhalten und Ihre Gesichter mehr zu betonen.

On the roof of the bus, travel by the Thar Desert

Das hier zu sehende Sitzen der Männer auf dem Dach des Busses ist keine Szene aus einem Film; in einigen Regionen kann das derartige Reisen aufgrund der geringen Verfügbarkeit an Bussen durchaus Realität werden. In dieser Situation war die größte Problematik, die Reisenden zu fotografieren, ohne dass diese die Kamera anschauten. Es war sehr schwer unbemerkt zu fotografieren, doch im Laufe der Reise gewöhnten sie sich an meine Gegenwart, sodass es möglich war, den eintreffenden Wind auf Ihren Gesichtern sowie die Landschaft in Bewegung einzufangen.

All diese nomadische Völker haben seit der Geburt dasselbe niedrige Level in der Rangordnung des Hinduismus. Obwohl die Hierarchie in den 50er Jahren, nach der indischen Unabhängigkeit 1947 und Gandhis friedlichem Kampf für die „Unberührbaren“ abgeschafft wurde, ist das System heute noch in Kraft, vor allem in ländlichen Gebieten.

Tatsächlich ist die Thar-Wüste die Wiege der Roma, weithin bekannt als Zigeuner. Die Menschen sowie ihre Traditionen und Musik haben sich auf der ganzen Welt verbreitet, als wären sie Botschafter dieser vielfältigen Kulturen.

Eva PareyAndere Artikel des Autors


Eva Parey is a freelance photographer based in Barcelona, Spain. She is specialized in documentary, photojournalism and portrait. Her topics are focused mainly in social and anthropological issues. She has published in many media like El Periódico, El País, Diari Ara, Yo Dona, El Mundo, Paris Match, Marie Claire, Life & Style and others. She is a member of Australphoto, imparting workshops in Rajasthan. Also she teaches photography at University of Mataró, also in different cultural centers of Barcelona. She contributes with different NGO’s. Her work has been exhibited in many galleries, cultural centres and festivals. She was awarded with the III Scholarship “Photography and Society”, 1st Revela Prize, finalist of the XVI International Prize of Humanitarian Photography Luis Valtueña, Photocrati Fund 2014 and Humanity Photo Award 2015.

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